Schlierbach – Mehr als 750 Jahre alt
Schlierbach ist der kleinste Stadtteil Heidelbergs. Die schon immer zu Heidelberg gehörende Außensiedlung erstreckt sich entlang des Neckartals und auf den Hängen über dem Tal vom Karlstor bis zur Orthopädischen Universitätsklinik. Der Ortsname leitet sich her von dem durch den Ort fließenden „Slierbach“ (mittelhochdeutsch „slier“ = Lehm, Schlamm). Der östlich von Heidelberg im Neckartal gelegene Stadtteil mit heute über 3.000 Einwohnern (Stand 1997) wird bereits 1245 in einer Urkunde des Klosters Schönau erwähnt. Fischer und Schiffer, die auch Landwirtschaft und Weinbau betreiben, sind die ersten Bewohner der eng zwischen den steilen Hängen des Königstuhls und dem Fluß gelegenen Siedlung.
Als gotisches Baudenkmal des ausgehenden Mittelalters ist oberhalb der Ziegelhäuser Brücke die Gutleuthofkapelle (1430 von Pfalzgraf Ludwig III. gestiftet) des einst als Siechenhaus für Aussätzige (Pflegeheim) genutzten Gutleuthofs erhalten. In einer sich in den Berghang ziehenden Schlucht befindet sich der Wolfsbrunnen, eine Quelle, an der schon um 1550 Kurfürst Friedrich II. ein Lusthaus mit Brunnen und Wasserspielen errichten läßt. Hier spielt die Sage der heidnischen Seherin Jetta, die an der Quelle von Wölfen zerrissen wird. Nach Plänen des Karlsruher Baumeisters Friedrich Weinbrenner entsteht hier 1882 ein Gasthaus im Schweizerstil, das zusammen mit dem angelegten Teich mit einer Wolfsfigur ein gern besuchtes Ausflugsziel ist.
Der Wasserreichtum der oberhalb des Orts entspringenden Quellen führt zur Erbauung von insgesamt sieben Mühlen, von denen im 19. Jh. noch fünf mit unterschiedlichen Mahlgängen arbeiten. Hingewiesen sei dazu auf den Artikel von A. von Lettow-Vorbeck aus dem Jahre 1934 mit dem Titel „Die alten Schlierbacher Mühlen“. Im Jahr 1872 erwirbt die Stadt Heidelberg die Wasserrechte sämtlicher Schlierbacher Mühlen, um das Quellwasser in die allgemeine Wasserversorgung einzuspeisen.
Eine katholische Kirche (St. Laurentius) erhält die Siedlung erst im Jahr 1901, eine evangelische Kirche (Bergkirche) sogar erst im Jahr 1910. Zuvor nutzen die Religionsgemeinden die Gutleuthofkapelle gemeinsam.
Die herrliche waldreiche Lage Schlierbachs am Anfang des Neckartals zieht schon im 19. Jh. zahlreiche namhafte Persönlichkeiten an, die hier – insbesondere am Schloß-Wolfsbrunnenweg – ihre Villen errichten. Stellvertretend sei hingewiesen auf die Villa Bosch des Chemikers Professor Carl Bosch. Mit seinem Namen verknüpft sind vor allem (ab 1908) Forschungsarbeiten zur technischen Synthese von Ammoniak aus Stickstoff und Wasserstoff in großindustriellem Standard. Später beherbergt die Villa die Sendestelle Heidelberg des Süddeutschen Rundfunks Stuttgart bis zu ihrer Verlegung (Mitte der 90er Jahre) nach Mannheim. In unmittelbarer Nachbarschaft der Villa befindet sich das Carl-Bosch-Museum.
Am östlichen Ende Schlierbachs in Richtung Gemarkungsgrenze gegen Neckargemünd siedelt sich 1918 die Orthopädische Universitätsklinik an. Ihre Errichtung geht zurück auf die Forderung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie nach einer besseren orthopädisch-chirurgischen Ausbildung der Ärzte. Insbesondere Kriegsversehrte und Körperbehinderte führen im Gefolge des Ersten Weltkriegs die Notwendigkeit der Einrichtung einer modernen Klinik deutlich vor Augen. Der Fertigstellung eines ersten Bauabschnitts im Jahr 1922 folgen rasch weitere. Heute ist die Klinik eine mit modernster Technik ausgestattete Institution mit allen notwendigen Nachsorgeeinrichtungen.
Weiterführende Literatur
- Hoppe, Reinhard: Vor den Mauern Heidelbergs – Heidelberg 1984
- Guderjahn Verlag: Schlierbach – Bilder eines Stadtteils – Heidelberg 1995
- Karl Heinz Knörr: Schlierbach. Geschichte und Geschichten